Warum es an sich gut ist, dass Ärzte keine Wissenschaftler sind

"Medizin ist keine Wissenschaft, es ist nur Auswendiglernen". So die Aussage vieler Ärzte über ihr Fach. Auch wenn diese Aussage pointiert erscheint, richtig ist auf jeden Fall, dass Ärzte trotz anspruchsvollem Hochschulstudium seltenst Wissenschaftler sind, oder die wissenschaftliche Methodik ausreichend verstehen. Sogar ein erworbener Doktorgrad ändert daran nichts, denn die Voraussetzungen für den "Dr. med." sind ausserordentlich gering.

Und das ist insgesamt auch gut so. Ein Wissenschaftler muss neues Wissen in die Welt bringen. Dazu wendet er in seinem kleinen Spezialgebiet ausgeklügelte Methoden an. Immer kritisch, besonders selbstkritisch stellt er alles regelmässig auf den Prüfstand, originelle Ideen sind Pflicht, auch wenn sie oft nicht zum Erfolg führen.

Das ist nicht der Arzt, der Sie behandeln sollte. Sie wollen einen Ingenieur der Medizin, einen Anwender, der die etablierten Regeln seines Handwerks versteht. Denn sie sind ja kein Versuchskaninchen, oder?

Auch sollte sich die Selbstkritik in engen Grenzen halten. Lieber einen "Halbgott in Weiss". Selbstkritik ist unentbehrlich in der Wissenschaft. In der Medizin zerstört sie eines der wichtigsten Heilmittel: den Glauben an die Wirksamkeit einer Therapie ("Placeboeffekt"). Wer dagegen den Glauben hat, bei dem kommen die Selbstheilungskräfte optimal zur Geltung.

Im Verkehr gilt das Gegenteil. Hier fährt derjenige sicher, der sich nicht zu gut fühlt. Denn das macht unaufmerksam und blind für Gefahren. Oder man geht sie bewusst ein - die sogenannte Risikompensation. Ein gängiges Phänomen, u.a. beobachtet bei Motoradhelmen, Allradantrieb, Sicherheitsgurten und bei Kinderspielplätzen. Um diese Dinge zu untersuchen, sind nicht medizinische, sondern mathematische-wissenschaftliche Kenntnisse in hohem Maße erforderlich.

Daher geben gerade Ärzte oft schlechten Rat, wenn es um Vermeidung von Unfällen geht. Ohne es zu merken, denn das "medizinische Denken" ist es, welches hier scheitert. Das gilt auch und besonders für die Chirurgie, die das Handwerk schon im Namen führt. Chirurgie ist griechisch und bedeutet "handwerkliche Kunst". Und nicht "Experte für Mathematik vernetzter Systeme".


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